«Freude an der Arbeit war der Antreiber»
Eugen Nägele, Rektor am Liechtensteinischen Gymnasium und Landtagsabgeordneter, sammelte seine ersten Unterrichtserfahrungen während einem Pfadfinderlager in den USA.
Steckbrief
- Name: Eugen Nägele
- Geburtsdatum: 10. August 1964
- Wohnort: Schaan, aufgewachsen in Planken
- Bei den Pfadfindern gewesen in: Abteilung Schaan/Planken (ca. 18 Jahre lang)
- Funktionen: Leiter und Internationaler Kommissär
- Beruf: Rektor und Lehrer am Liechtensteinischen Gymnasium
Wie bist du zu den Pfadfindern gekommen?
Eugen Nägele: Ich bin von einem Leiter in Planken angesprochen worden. Zuerst habe ich abgelehnt. Er hat mich dann aber nochmals angefragt und mich zu einem Anlass eingeladen. Schliesslich habe ich zugesagt und diese Entscheidung war goldrichtig.
An welche Höhepunkte und witzige Geschichten erinnerst du dich gerne zurück?
Ich habe meine Frau bei den Pfadfindern kennengelernt und das ist sicher das grösste Glück. Als Pfadfinder erinnere ich mich an viele tolle Sommerlager, aber vor allem an meine Teilnahme am International Camp Staff Program der Boy Scouts of America. Vier Monate alleine in den USA, das war damals (1985) ein kleines Abenteuer. Als Internationaler Kommissär kommt mir ein Empfang beim König von Schweden in den Sinn, das war enorm eindrücklich. An internationalen Konferenzen habe ich Personen getroffen, mit denen ich heute noch Kontakt habe. Das sind vor allem ehemalige Internationale Kommissäre. Einige davon haben Liechtenstein dieses Jahr im Juni besucht und ich konnte ihnen unser Land zeigen.
Was macht die Pfadfinder für dich aus?
Die Pfadfinder sind sehr breit aufgestellt und das ist der grösste Unterschied zu anderen Vereinen, in denen man sich beispielsweise «nur» auf eine Sportart konzentriert. Bei den Pfadfindern beschäftigen sich die Jugendliche mit der Umwelt, der ersten Hilfe, sie lernen Kochen oder machen erste Erfahrungen mit der Organisation von Anlässen wie Lagern. Viele Aktivitäten finden in der Natur statt und damit bietet die Pfadfinderbewegung einen Ausgleich zu der digitalen Welt, in der wir sehr viel Zeit vor Bildschirmen verbringen. Dieser Ausgleich wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen, davon bin ich überzeugt. Das Prinzip «learning by doing» finde ich ebenfalls sehr wichtig, also dass die Jugendlichen ihre Kompetenzen durch eigenes Ausprobieren, Mitmachen und Mitbestimmen entwickeln.
Inwiefern profitierst du in deinem Berufsalltag von deiner Zeit bei den Pfadfindern?
Im International Camp Staff Program durfte ich bei einem Lager in Alabama das Abzeichen «Citizenship in the World» unterrichten. Ich habe somit meine ersten konkreten Unterrichtserfahrungen bei den Pfadfindern machen können. Robert Baden-Powell hat einmal gesagt, dass wir versuchen sollen, die Welt ein wenig besser zurückzulassen, als wir sie vorgefunden haben. Diesen Grundsatz finde ich auch heute noch entscheidend. Er passt auch sehr gut in unsere Zeit, in der Themen wie Umweltschutz und Klimadiskussion immer mehr in den Fokus rücken. Schon früh konnten und mussten wir Aufgaben übernehmen, lernten dadurch Verantwortung zu tragen. Heute leben wir in einer stark individualisierten Welt, in der die eigenen Ziele oft vor das Interesse der Allgemeinheit gestellt werden. Umso wichtiger ist es, dass wir bewusst die Verantwortung für unsere Umwelt und Mitmenschen übernehmen.
Die Pfadfinderbewegung bietet einen Ausgleich zur digitalen Welt, in der wir sehr viel Zeit vor Bildschirmen verbringen.
Was hat dich dazu motiviert, dich über Jahre hinweg für die Bewegung einzusetzen?
Ich habe damals nicht über Motivation oder das Ehrenamt nachgedacht. Die Arbeit als Leiter und auch in der Landesleitung (heute Verbandsleitung) hat mir einfach Spass gemacht. Wir waren ein sehr gutes Team und wir haben uns über die gemeinsamen Erfolge gefreut. Die Freude an der Arbeit war der positive Antreiber.
Wie würdest du Freunden den Verein schmackhaft machen?
Die Pfadfinderbewegung ist sehr breit aufgestellt. Kopf, Hand und Herz der Jugendlichen werden angesprochen und das finde ich äusserst wichtig. Ein grosser Teil der Aktivitäten findet draussen statt und damit können die Kinder positive Erfahrungen in der Natur machen. Diese konkreten und realen Erfahrungen sind in einer digitalen und virtuellen Welt enorm wichtig. Meine Tochter ist bei den Pfadfindern in Schaan dabei und das freut mich sehr. Sie hat diese Entscheidung übrigens ganz freiwillig getroffen und geniesst es, wenn sie ohne Eltern in ein Lager oder auf eine Exkursion gehen kann.
Welche Voraussetzungen sollte man als Pfadfinder mitbringen?
Die Pfadfinder sind offen für alle und besondere Voraussetzungen sind nicht notwendig. Das ist der grosse Vorteil gegenüber anderen Vereinen. Es ist aber schon von Vorteil, wenn man gewisse Eigenschaften mitbringt. Man sollte sich vor allem gerne in Gruppen aufhalten und in Teams arbeiten. Wenn man sich für viele Dinge interessiert und neugierig ist, dann ist das praktisch, da sich die Pfadfinder mit ganz unterschiedlichen Themen beschäftigen. Ein Zitat von Robert Baden-Powell kann eine gute Antwort auf diese Frage sein: «Sage nicht ‹Fang an!›, sondern ‹Mach mit!›, wenn du etwas erledigt haben willst.»
Weitere Interviews mit ehemaligen Mitgliedern:
- Claudia Foser-Laternser, CFO Liechtensteinischer Entwicklungsdienst
- Manfred Bischof, Bürgermeister Vaduz
- Mathias Vogt, Geschäftsführer und Architekt
- Michelle Kranz, Geschäftsführerin Liechtenstein Marketing
- Prinz Nikolaus von und zu Liechtenstein, Diplomat im Ruhestand
- Simon Biedermann, Mandatsleiter Treuhand und Gemeinderat
- Thomas Zwiefelhofer, Gruppenleiter Finanzdienstunternehmen und ehemaliger Regierungschef-Stellvertreter
Diese Beiträge sind im Rahmen der «Knota»-Sonderausgabe entstanden, die am 19. August 2019 an alle Haushalte in Liechtenstein ging. (mehr dazu)