Martin Meier
- Name: Martin Meier
- Geburtsdatum: 13. November 1994
- Wohnort: Balzers
Martin Meier bewirbt sich als erster Liechtensteiner für einen Sitz im Weltpfadfinderkomitee.
Martin Meier ist zurzeit Vizepräsident und Finanzchef der Pfadfinder und Pfadfinderinnen Liechtensteins. (Fotos: zvg)
31.12.2023:
Gary Kaufmann (Interview) – Im August 2024 wird sich an der Weltkonferenz in Ägypten erstmals ein Liechtensteiner für einen Sitz im Weltpfadfinderkomitee bewerben. Martin Meier (Abt. Balzers) spricht über seine Chancen auf einen der zwölf Sitze, in welcher Lage sich die World Organization of the Scout Movement (WOSM) gerade befindet und welchen Einfluss ein Wahlsieg auf seine Rolle bei den PPL hätte.
Lass uns von vorne anfangen: Warum kandidierst du fürs Weltpfadfinderkomitee?
Martin Meier: Da gibt es mehrere Gründe. Erstens wird im August bei der Weltkonferenz in Ägypten die neue Strategie verabschiedet. Sprich: Du hast einen grossen Spielraum, in welche Richtung sich der internationale Verband in den nächsten neun Jahren bewegen soll. Zweitens bringe ich ein gewisses Skillset mit, welches bei der Führung des globalen Pfadfinderverbandes gebraucht wird. Wir haben bei den PPL gerade eine neue Strategie entworfen und angefangen, diese umzusetzen. Man kann diese sicher nicht kopieren und einfügen, aber einiges davon lässt sich auch auf höherer Ebene anwenden. Was mich zudem motiviert ist die Tatsache, dass es – angesichts der Kandidaten, die antreten – ein cooles Team werden könnte.
Seine internationale Pfadikarriere nahm den Anfang bei einer UN-Simulation in Kristianstad während des Jamborees 2011 in Schweden. Begleitet wurde er damals von «Knota»-Redaktionsleiter Gary Kaufmann.
Wie darf man sich die Rolle dieses Gremiums vorstellen?
Bei den PPL könnte man es mit der Verbandsleitung vergleichen, einfach mit sehr viel mehr Stakeholdern. Das Weltkomitee übernimmt eine strategische Rolle und ist als Überwachungsinstanz dafür verantwortlich, dass der von allen nationalen Verbänden verabschiedete Plan umgesetzt wird. Es gibt verschiedene Aufgabenbereiche, welche sich die Mitglieder untereinander aufteilen. Eine wichtige Rolle, die in den vergangenen Jahren nicht so gut funktioniert hat, ist die Kontrollfunktion. Du bist zwar nicht der Organisator eines Jamborees, aber als Weltverband hast du die Verantwortung über internationale Grossanlässe. Genauso, wie du 174 Mitgliedsverbände koordinieren musst. Da gilt es Kompromisse zu finden.
Hat dich jemand angefragt, ob du Interesse für dieses Amt hast?
Als sich meine Zeit als Youth Advisor dem Ende geneigt hat, kam von verschiedenen Stellen die Frage, ob ich mich für das Weltkomitee zur Wahl stelle. Offenbar wurde das, was ich geleistet habe, anerkannt. Damals war es für mich noch kein Thema, weil sich zu viele Kandidaten aus Europa zur Wiederwahl gestellt haben. Als neuer Anwärter ist es schwierig, sich in das Komitee hineinzuzwängen. Deshalb habe ich mich auf andere Art weiterhin bei WOSM engagiert, hielt als Mitglied im Finanzkomitee die Kontakte aufrecht. Im laufenden Triennium wurde mir dann die Frage erneut mehrmals gestellt.
Die WOSM-Uniform ist dem Kandidaten nicht unbekannt.
Und dieses Mal fiel deine Antwort anders aus.
Ja, in den vergangenen Monaten ist der Gedanke immer konkreter geworden. Das Fazit meiner Überlegungen ist gewesen, dass ich die Fähigkeiten mitbringe, die es braucht, um zur Weiterentwicklung der globalen Pfadibewegung beizutragen. Danach ist mir die Entscheidung leichtgefallen. Im November hat mich dann die PPL-Verbandsleitung offiziell nominiert.
Stell dir vor, es findet gerade eine Wahlkampfdebatte gegen deine Kontrahenten statt: Was sind deine Stärken und weshalb sollte man ausgerechnet dir seine Stimme geben?
Eine meiner Hauptbotschaften lautet, dass die kleinen Länder im Weltkomitee unterrepräsentiert sind. Das ist eine Nische, die ich für mich nutzten möchte. Ich bringe die Perspektive aus einem kleinen Verband mit, der gut funktioniert. Jedes Land hat bei der Wahl die gleiche Stimmkraft und es gibt viel mehr kleine Nationen als grosse. Ein weiterer Vorteil: Durch meine berufliche Ausbildung bringe ich das stärkste Finanzwissen von allen Kandidaten mit, was in jedem Aufsichtsrat gefragt ist. Gerade wenn wir uns anschauen, in welche Richtung sich die Kosten im internationalen Verband entwickeln. Hinzu kommt, dass ich als Youth Advisor schon vier Jahre im Weltkomitee tätig war und auch in anderen Funktionen im Weltverband gearbeitet habe. Ich habe also Erfahrung und weiss, wie die Strukturen von der WOSM funktionieren.
Hand aufs Herz: Wie schätzt du deine Chancen ein, dass du einen der zwölf Sitze erhältst?
Fünzig-Fünzig (lacht). Nein, ehrlich: Es wird schwierig. Das muss ich mir eingestehen, wenn man schaut, wer sich alles aufstellen lässt und wie viele davon aus Europa kommen. Aus meiner Sicht ist das positiv zu werten: Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es über 20 Kandidaten gibt, die den Job gut machen können. Da fängt man an zu streichen. Ich hoffe, dass anhand der Qualität und den Fähigkeiten entschieden wird, die dem Komitee nutzen, und nicht nur nach Popularität.
Das hört sich nicht zuversichtlich an.
Wenn ich keine Chance hätte, würde ich nicht antreten. Ich habe mir in den zehn Jahren, seit ich dem Internationalen Team der PPL angehöre, ein Netzwerk aufgebaut. Ich bin bestimmt nicht der unbekannteste Kandidat, der zur Wahl steht. Ich habe das Gefühl, dass ich die Wahl gewinnen kann.
Seit 10 Jahren ist der Balzner im Internationalen Team der PPL aktiv.
Inwiefern könnten die PPL von deinem Wahlsieg profitieren?
Ich glaube, dass Liechtenstein viel davon hat, wenn der Weltverband anständig geführt wird. Wenn wir noch einmal so ein Jamboree wie in Südkorea erleben oder die WOSM in eine finanzielle Krise rutscht, hat das direkte Auswirkungen auf die PPL. Mein Mitwirken im Weltkomitee würde uns zudem bekannter bei den anderen nationalen Verbänden machen, was uns weiterhelfen könnte. Grundsätzlich könnten kleine Nationen davon profitieren, wenn ich sie dort vertrete. Die WOSM verabschiedet immer mehr Vorschriften. Diese sind gut, aber wir müssen auch darauf achten, dass sich alles grössenverträglich umsetzen lässt.
Der Weltverband steht zurzeit wegen des Jamborees und Missbrauchsvorfällen in einem schlechten Licht da. Ist das der beste Zeitpunkt, um eine solche Position zu übernehmen?
Ich mag Herausforderungen (lacht). Als globaler Verband hast du nur begrenzt Einfluss darauf, was in den nationalen Verbänden passiert. Dennoch fällt das immer auf dich zurück, wenn dort etwas passiert. Befindet sich die Pfadibewegung aktuell in ihrer besten Phase? Wahrscheinlich nicht, aber es ist uns auch schon deutlich schlechter gegangen. Wichtig ist, dass die Probleme adressiert und angepackt werden. Damit hat das bestehende Komitee bereits angefangen und ich bin motiviert, dies fortzusetzen.
Du bist zurzeit Vizepräsident und Finanzchef der PPL. Was für Folgen hätte es auf deine Rolle im nationalen Verband, wenn du dem Weltkomitee angehörst?
Rein von den WOSM-Statuten her müsste ich mein Amt in der PPL-Verbandsleitung nicht abgegeben. Würde sich Liechtenstein zum Beispiel für ein Jamboree bewerben, müsste ich bei einer Abstimmung jedoch in den Ausstand treten.
Allerdings beanspruchen beide Aufgaben viel Zeit und lassen sich deshalb kaum miteinander vereinbaren.
Da hast du recht. Falls ich ins Weltkomitee gewählt werde, gehe ich deshalb eher davon aus, dass ich mich nicht mehr für die PPL-Verbandsleitung aufstellen lasse. Wenn ich eine Aufgabe übernehme, möchte ich sie mit vollem Einsatz machen. Ich werde aber auf alle Fälle mein Mandat hier (bis März 2025) ordentlich beenden und werde auch danach nicht völlig weg vom Fenster sein. Die PPL haben mich zehn Jahre aufgebaut. Ich konnte vom Weltverband lernen und viel davon nach Liechtenstein zurückbringen. Vielleicht ist es jetzt wieder an der Zeit, dass mich der Verband an die Weltorganisation abgibt.
Von 2017 bis 2021 war Martin Meier als Youth Advisor schon ein beratendes Mitglied des Weltkomitees.
Was, wenn du bei der Wahl verlierst?
Darüber möchte ich mir im Moment keine Gedanken machen. Ich würde vermutlich einige Tage lang traurig sein, aber das Leben geht weiter. Dann würde ich wieder aufstehen und nach anderen Möglichkeiten Ausschau halten, um Gutes zu tun.
Wir kommen zum Ende des Interviews. Hast du noch ein Schlussstatement, dass du gerne an unsere Leser richten möchtest?
Ich möchte mich bei den PPL dafür bedanken, dass sie mich nominiert haben. Meine Kandidatur hat nichts damit zu tun, dass mir der nationale Verband zu klein ist. Das Amt hier ist sehr interessant und macht mir Freude. Es ist vielmehr so, dass der Sitz im Weltkomitee eine einmalige Chance ist, die ich gerne ergreifen möchte.
Der Liechtensteiner möchte im Gremium die Position der kleinen Verbände vertreten.
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Das Interview erschien auch im Knota 01/2024.